„X“ – X-Chromosom und Gender-Forschung

X-Chromosom und Gender-Forschung

© De Vries

Das X-Chromosom ist das Geschlechts-Chromosom, das sowohl Männer als auch Frauen haben (mehr dazu finden Sie hier). Bei der Verschmelzung von Eizelle und Spermium entstehen entweder Kombinationen mit einem doppelten X-Chromosom (biologisch weiblich) oder ein X- und ein Y-Chromosom (biologisch männlich). Je nach Kombination werden dann männliche – oder weibliche Hormone produziert, die die primären geschlechtsspezifischen Merkmale schon im Mutterleib herausbilden.

Zwei kontroverse Standpunkte der Gender-Forschung

 

Soweit die rein biologische Betrachtungsweise von männlich und weiblich. Viele Wissenschaftler haben sich im Rahmen der Gender-Forschung insbesondere mit der Frage beschäftigt, ob die genetisch-hormonell messbaren Unterschiede zwischen Männern und Frauen auch Auswirkungen auf das entsprechende Verhalten haben. Die Wissenschaftler gehen dabei grundsätzlich von zwei unterschiedlichen Standpunkten aus (mehr dazu finden Sie hier). Auf der einen Seite meinen die Evolutionsbiologen, dass signifikante Unterschiede in den kognitiven und emotionalen Fähigkeiten vorhanden sind. Begründet wird dies vor allem durch den evolutionären Lebenserhaltungsdruck. Während Männer in der Frühgeschichte der Menschheit über Jahrtausende auf Jagd gingen, blieben die Frauen im Lager und kümmerten sich insbesondere um den Nachwuchs und den sozialen Zusammenhalt der Gruppe. Diese Aufgabenverteilung erfordert unterschiedliche Fähigkeiten. Auf der anderen Seite stehen die Forscher (vor allem Sozialpsychologen), die eine sogenannte „Geschlechter-Ähnlichkeitshypothese“ vertreten. Demnach seien die Unterschiede zwischen typischem Männerverhalten und Frauenverhalten nicht bedeutend groß. Innerhalb der Geschlechter seien sogar teilweise größere Differenzen beobachtbar als zwischen den Geschlechtern.

Hormonelle Auswirkungen

Unterschiede zwischen typisch männlichem – beziehungsweise weiblichem Verhalten im Zusammenhang mit den Geschlechtshormonen (Testosteron und Östrogen) sind durch viele Untersuchungen bestätigt worden. Allerdings ist der Hormonspiegel bei jedem Menschen unterschiedlich. So kann eine genetische Frau einen hohen Anteil von männlichen Hormonen haben und demnach auch männliches Verhalten zeigen. Das gleiche gilt für genetische Männer mit einem relativ hohen Anteil weiblicher Hormone.

Anatomische Unterschiede

Die anatomischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind nicht signifikant. Im Grunde funktionieren männliche und weibliche Körper gleich. Auch das Gehirn und seine Strukturen weist keine großen Unterschiede auf.

Soziale Wahrnehmung

Vielmehr spielt nach Meinung einiger Wissenschaftler die gesellschaftliche Bewertung und die Auffassung darüber, welches Verhalten genau als „männlich“ – beziehungsweise als „weiblich“ angesehen wird, eine große Rolle. Wie in anderen Lebensbereichen, sorgen generalisierte Stereotypen für eine Vereinfachung der sozialen Regeln, die nicht mehr verhandelt werden müssen (beziehungsweise dürfen).

Keine großen Unterschiede

Geschlechtsspezifisch typisches Verhalten wird demnach schon im Kindesalter von den Bezugspersonen gelernt. Abgesehen von der sozialen Prägung ist der Unterschied in den Fähigkeiten bis auf einige wenige Ausnahmen – infolge einiger Forschungsergebnisse – nicht allzu groß. Die Erkenntnis, dass es weniger Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt als angenommen, ist noch sehr neu und es sind noch viele Fragen offen. Die Frage der Geschlechter-Identität ist heute vielfältiger zu beantworten als noch zu Zeiten unserer Großeltern. Die Menschen werden zunehmend unabhängig von ihrem Geschlecht individuell wahrgenommen.

Welche geschlechtsspezifischen Stereotype haben Sie schon über Bord geworfen? Was nehmen Sie als typisch männlich/typisch wahr?