Wenn mich jemand fragen würde, ob ich ein guter Erzähler bin, würde ich wahrscheinlich mit „nein“ antworten. Irgendwie gehörte es nach meiner eigenen Wahrnehmung nie zu meinen besonderen Fähigkeiten, außergewöhnlich anschaulich und spannend erzählen zu können. Wahrscheinlich geht es vielen Menschen ähnlich. Gute Erzähler beziehungsweise Dozenten und Lehrer sind nach meiner Erfahrung tatsächlich eher Mangelware. Meist ist es sehr schwer, komplexen Vorträgen über unbekannte Themen zu folgen und darüber hinaus die Inhalte auch noch über einen längeren Zeitraum zu behalten. Insbesondere wenn die Präsentation trocken und langweilig daher kommt. Die Aufmerksamkeitsspanne ist dann sehr kurz und die Gedanken beginnen bald zu wandern. Sobald aber ein zuvor bekanntes Thema diskutiert – beziehungsweise präsentiert wird, ist das offenbar anders. Wissenschaftler konnten jetzt experimentell nachweisen, dass wir lieber immer wieder die alten Geschichten wiederholen und hören wollen, als uns für neue Themen zu öffnen (mehr dazu finden Sie hier). Das ist nach Ansicht der Forscher erstaunlich, denn auf vorherige Anfrage welche Themen denn mehr interessieren würden – bekannte oder neue – antworteten die meisten, dass sie mehr an neuen Themen interessiert seien. Das ist offenbar ein weit verbreiteter Irrtum. In dem beschriebenen Experiment konnte diese Selbsttäuschung aufgedeckt werden.
Zuhören ist anstrengend
Der Grund für dieses Phänomen ist gemäß Annahmen der Forscher höchst wahrscheinlich, dass sich unser Gehirn nicht so gerne anstrengen möchte. Sind uns die Themen bekannt, brauchen wir nicht mehr so aktiv hinhören und können eventuelle Informationslücken mit eigenem Wissen auffüllen. So ergibt sich für den Zuhörer ein kompletteres Bild und er hat das Gefühl besser im Thema zu sein.
Gute Erzähler und alte Geschichten
Interessanterweise wird bei bekannten Themen der Eindruck erweckt, dass der betreffende Erzähler besser erzählen kann. Erzähler, die auf ein Publikum ohne Vorkenntnisse treffen, haben es offenbar schwerer, diese von ihrer Geschichte zu begeistern. Es braucht also mehr gute Erzähler, die es verstehen auch unwissende Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Leider sind gute Erzähler nach Meinung der Forscher aber eher selten. Aber wie wird man ein besserer Erzähler? Gibt es vielleicht Erzähl-Techniken, die man dafür erlernen kann?
Erzähl-Techniken
Lebendiger wird ein Vortrag vor allem dann, wenn möglichst viele Sinne beim Zuhörer angesprochen werden. Dadurch entstehen in den verschiedenen Arealen des Gehirns neuronale Verknüpfungen, die für eine bessere Speicherung beziehungsweise Abrufbarkeit der so aufgenommenen Informationen sorgen. Manchmal lässt sich auch ein leicht zu merkender Spruch oder eine Metapher einflechten, um Daten effektiver zu transportieren (mehr dazu finden Sie hier). Außerdem ist es für die Zuhörer spannender, wenn eine Geschichte einen Spannungsbogen hat.
Nested-Loops-Technik
Um das Interesse der Zuhörer dauerhaft zu wecken, benutzt man in der neurolinguistischen Programmierung (NLP) beispielsweise die sogenannte „Nested-Loops-Technik“ (mehr dazu finden Sie hier). Die Zuhörer werden in eine Art Aufmerksamkeits-Hypnose versetzt – der Erzähler beginnt eine Geschichte, die er nicht beendet und stattdessen sofort mit einer neuen Geschichte beginnt, die auch nicht beendet wird und so weiter. So entstehen eine (begrenzte) Anzahl von sogenannten „offenen Loops“ beziehungsweise nicht beendeten Geschichten. Da Menschen so programmiert sind, dass sie unbedingt das Ende einer Geschichte hören möchten, bleiben sie bis zu deren Auflösung in erhöhter Aufmerksamkeit. Aufpassen muss man selbstverständlich bei dieser Methode, dass man sich nicht in den einzelnen Storys verhaspelt und die Übersicht verliert.
Zuhören und nachfragen hilft
Ein Baustein der persönlichen Entwicklung ist nach Ansicht vieler Psychologen, offen für Neues zu sein und aktiv zuhören zu können. Das Wiederholen der immer gleichen Geschichten – und seien sie noch so interessant oder lustig – bringt auf Dauer niemanden neue Erkenntnisse und Einsichten. So könnte der Appell an alle die etwas Neues zu erzählen haben lauten, sich beim Erzählen mehr Mühe zu geben. Andererseits ist die Aufforderung damit verbunden, intensiver zuzuhören und öfter mal nachzufragen, wenn etwas nicht verstanden wurde. Das macht es dem Erzähler leichter.
Sind Sie der Meinung ein guter Erzähler zu sein? Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Erzähler aus?