Verantwortung übernehmen oder Selbstbild verteidigen?

Verantwortung übernehmen oder Selbstbild verteidigen?

© De Vries

Antoine de Saint-Exupéry hat einst gesagt „Mensch sein heißt verantwortlich sein.“ Diese Aussage beinhaltet sehr wichtige Aspekte, die mit dem Thema des heutigen Blogs und der Frage nach der „Verantwortung“ für eigene Fehler zusammenhängen. Zunächst sagt Saint-Exupéry, dass wir verantwortlich sind, weil wir Menschen sind. Es gab und gibt demnach niemals eine Zeit, eine Epoche oder irgendwelche Umstände, die uns als Menschen daran hindern können, Verantwortung zu übernehmen. Diese Eigenschaft macht uns geradezu wesentlich aus und ist synonym zu verstehen.

Wir haben die Wahl

Als Menschen (sofern wir psychisch gesund sind und auch eine gewisse Reife erlangt haben) besitzen wir die kognitiven Werkzeuge und eine Vorstellung von Moral und Ethik über unser Handeln und Denken. Tiere haben beispielsweise eine wesentlich begrenztere Auswahlmöglichkeit, sie handeln bekanntermaßen instinktiv. Der Mensch aber hat (immer) eine Wahl.

„Schwieriges“ Umfeld schuld

Beispiele dafür, dass die Umstände oder andere Personen schuld seien für die Situation gibt es jede Menge. Wie oft hören oder sagen wir beispielsweise: „Ja, aber … „ und geben lange Erklärungen ab, warum dies und jenes nicht ging oder warum wir so und so gehandelt haben. Aus meiner eigenen beruflichen Praxis in einem großen Konzern kenne ich dieses Abladen von Verantwortung ebenso sehr gut, wenn beispielsweise Gebetsmühlen artig auf das „schwierige Wettbewerbsumfeld“ oder ähnliches verwiesen wird, um maue Geschäftsergebnis zu entschuldigen. Wenn man diese oder ähnliche „Erklärungen“ jedes Jahr in den Geschäftsberichten liest, dann stimmt oft etwas nicht. Und das ist häufig, dass die Verantwortlichen einfach nicht ihren Job machen und keine Verantwortung dafür übernehmen wollen.

Selbstbild verteidigen

Auch in privaten Beziehungen – in Freundschaften oder in Familien – wird sehr häufig der Verantwortung ausgewichen und eigene Fehler nicht eingestanden. Die Motive für dieses Verhalten sind meist, dass ein Eingeständnis und die Übernahme der vollen Verantwortung für vermeintliche oder auch echte Fehler das Selbstbild bedrohen könnten (mehr dazu finden Sie hier). Die Angst davor, dass das konstruiert (positive) Selbstbild einen Kratzer ab bekommen könnte, kann dazu führen, dass die betroffene Person sich selbst im „stillen Kämmerlein“ böse beschimpfen oder zur Attacke nach außen blasen. Dabei wird die Schuld – respektive die Verantwortung – für das eigene Fehlverhalten der anderen Person zugeschoben. Formulierungen wie „wenn Du nicht …. , dann könnte/hätte ich ….“ werden gewissermaßen als Waffe benutzt, um das Selbstbild zu verteidigen.

Schlüssel für die Persönlichkeitsentwicklung

Menschen, die keine eigenen Fehler eingestehen können haben oft einen geringen Selbstwert und machen sich abhängig von der Meinung anderer. Die möglichst positive Meinung der Anderen muss lückenlos und dauerhaft kontrolliert werden. Wie bei einer Fernsteuerung werden die entsprechenden Hebel und Knöpfe gedrückt, um die Kontrolle zu behalten und nicht „entlarvt“ zu werden. Das ist aber sehr anstrengend und irgendwann zum scheitern verurteilt. Abgesehen von der entgangenen Lebensfreude verhindert dieses Verhalten die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Öfter mal eigene Fehler eingestehen, die Kontrolle über das Denken der anderen aufgeben und Verantwortung für das eigene Handeln oder auch das Nicht-Handeln übernehmen – auch wenn das Selbstbild nicht aufrecht erhalten werden kann – kann ein wichtiger Schlüssel sein, das Selbstbewusstsein zu stärken und ein entspanntes Leben zu führen (mehr dazu finden Sie hier). Beziehungen bekommen durch diese Demaskierung eine neue Qualität und Tiefe. Vielleicht ist es dadurch überhaupt erst möglich, sich als Menschen zu begegnen!?

Wie sieht es mit Ihnen aus? Übernehme Sie die Verantwortung für Ihr Leben oder schieben Sie diese gerne auf andere? Was hat Ihnen geholfen, Verantwortung zu übernehmen.