Wie oft haben wir vielleicht etwas (in unseren Augen) Dummes getan und wünschten, es wäre nie geschehen!? Das Gefühl der Schuld und Scham kann sehr stark sein und die Furcht ausgelacht – oder gar sozial ausgegrenzt zu werden, sehr groß. Was würden wir nicht alles tun, um es „Ungeschehenmachen“ zu können oder zumindest, dass niemand davon erfahren würde?
Abwehrmechanismus der Psyche
Was geschehen ist, ist geschehen. Diesem Fakt ausgesetzt, ist die Psyche in einem Dilemma. Gibt es einen Ausweg? Eine Möglichkeit wäre, sich seiner Verantwortung zu stellen und zu seinen Taten zu stehen. In diesem Fall machen viele Menschen die heilsame Erfahrung, dass auch andere nicht frei von Fehlern sind. Aber viele sind nicht bereit, sich der Verantwortung zu stellen. Gefangen und verstrickt in Schuld und Scham hat die Psyche dieser Menschen einen Abwehrmechanismus entwickelt. Die Psychoanalyse nennt diesen Mechanismus das „Ungeschehenmachen“.
Hände „in Unschuld“ waschen
Bei dieser Art der psychischen Abwehr versuchen die Betroffenen mittels eines bestimmten Ritus oder einer bestimmten Zwangshandlung, Geschehnisse zu beeinflussen beziehungsweise diese abzuwenden (mehr dazu finden Sie hier). Die Psychoanalyse erklärt sich dieses Phänomen damit, dass beispielsweise eine drohende Strafe wegen eines Verbotsübertrittes vermieden werden soll. Zu den sehr häufig zu beobachtenden Zwangshandlungen in diesem Zusammenhang gehört das Händewaschen. Schon in der Bibel ist vom symbolischen Händewaschen in Unschuld des Pontius Pilatus die Rede als es um die Verurteilung von Jesus zum Tod ging (mehr dazu finden Sie hier).
Andere Zwangshandlungen
Es sind aber auch viele andere Zwangshandlungen, die nach Meinung der Psychoanalytiker in diese Kategorie des Ungeschehenmachen gehören wie beispielweise die mehrmalige Kontrolle, ob die Tür auch wirklich zu ist oder der Herd ausgeschaltet ist oder das Abzählen der Pflastersteine auf die man (nicht) treten darf. In gewisser Weise haben diese Handlungen viel mit magischem Denken zu tun (mehr dazu finden Sie hier).
Verengter Erfahrungshorizont
Auch hier werden Ursache-Wirkungs-Verbindungen hergestellt, die es wissenschaftlich betrachtet nicht gibt. Die Handelnden selbst aber glauben fest daran. In seiner Welt funktionieren diese magischen Riten. Der Nachteil ist natürlich, dass man nicht leicht aus diesen Zwängen wieder herauskommt und den eigenen Erfahrungshorizont dadurch nicht erweitern kann. Zwänge machen zwangsläufig unfrei. Außerdem bleibt es oft nicht bei einem Zwang. Aufgrund eine tief eingeprägten zwanghaften Reaktionsmusters bei schuldbeladendem Handeln sowie dem Gefühl von Scham müssen in der Folge zusätzliche Riten Abhilfe schaffen und „es“ wieder ungeschehen machen. Der (Teufels-) Kreislauf beginnt sich weiter zu drehen. Aus diesem Kreislauf herauszubrechen, Verantwortung zu übernehmen und die Kontrolle über das eigene Leben wiederzuerlangen wären dann Ziele einer möglichen Therapie.
Haben Sie Riten um Dinge Ungeschehenzumachen? Was hat Ihnen geholfen aus diesem Kreislauf herauszukommen?