Telefonieren in Zeiten von WhatsApp & Co: Ist telefonieren (heute noch) sinnvoll?

Telefonieren in Zeiten von WhatsApp & Co: Ist telefonieren (heute noch) sinnvoll?

© De Vries

Ist Telefonieren noch sinnvoll in Zeiten von WhatsApp, SMS und Emails? Ist es nicht unglaublich störend und nervig jedes Mal, wenn es klingelt und das meist auch noch in unpassenden Situationen, gestört zu werden? Kürzlich las ich einen Artikel im Internet  und dachte darüber unter Kommunikationsaspekten nach.

Telefonieren und Zeitautonomie

Telefonieren ist nach Ansicht des Autors völlig unzeitgemäß und wenig effizient. Klar, die Vorteile liegen auf der Hand: Vor allem die sogenannte „Zeitautonomie“ wird als besonderer Vorteil der digitalen Kommunikation gesehen. Ich kann selbst bestimmen wann ich mit wem sprechen will und muss mir das nicht durch den Anrufer bzw. das Klingeln meines Telefons (bzw. Smartphone) aufdrängen lassen.

Telefonieren heute überflüssig?

Für jedes Kommunikationsanliegen, so scheint es, gibt es das passende Medium. Emails beispielsweise eignen sich besonders gut für die klassische Briefkommunikation mit Ämtern und Versicherungen, SMS für die schnelle Verabredung und Chats z.B. über Facebook für das Geplauder mit Freunden. Bei größeren Abstimmungen kann man prima mit WhatsApp (mehr dazu finden Sie hier) und seiner Gruppenfunktion mehrere Personen koordinieren. Wie es scheint, ist das Telefonieren als ein nerviges Relikt aus dem letzten Jahrhundert tatsächlich überflüssig geworden. Der moderne Mensch hat seine völlige Kommunikationsautonomie durch die Nutzung zeitgemäßer Tools der digitalen Netzwerkkommunikation wieder zurück erlangt.

Nachteile von Textnachrichten

Alles also bestens in der neuen -, sprachlosen Kommunikationswelt? Jedoch keine Wirkung ohne Nebenwirkungen. Der Nachteil der digitalisierten und zeitunabhängigen Kommunikation liegt im Fehlen der menschlichen Untertöne, dem sogenannten „Pentimento“. Auch Smilies in Textnachrichten oder ähnliches können nur sehr eingeschränkt Emotionen und sogenannte „VAKOG-Impulse“ (sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken) zwischen Sender und Empfänger transportieren. Das direkte Gespräch zwischen Menschen kann so mehr Verbindlichkeit und Klärung bringen als eine gefühllose Textnachricht, die irgendwann mal gelesen wird. Außerdem kann es schnell zu Missverständnissen über den Inhalt der Botschaft zwischen Sender und Empfänger kommen, weil der Empfänger sich zwischen den Zeilen eine eigene Bedeutung hineinkonstruieren kann. Verständnisfragen sind dann zudem nicht möglich, wenn Aussendung und Empfang der Botschaft zeitlich weit auseinander liegen. Abgesehen vom Interpretationsspielraum für empfangende Text-Messages gibt es noch das Problem fälschlich oder nicht abgeschickter bzw. nicht empfangener Nachrichten aufgrund technischer oder anderer z.B. menschlicher Fehler (z.B. falscher Adressat).

Telefonieren schafft mehr menschliche Nähe

Es gibt also viele Störfaktoren in der digitalen Textkommunikation. Zudem fehlt die menschlich emotionale Komponente, die z.B. wichtig ist für die Klärung zwischenmenschlicher Probleme oder von Missverständnissen. Das gute alte Telefongespräch hat also seine Berechtigung in Zeiten moderner Textnachrichten und maximaler Zeitautonomie. Für offizielle Post oder eher belanglose Chats bzw. für das Organisieren von Partys etc. eignen sich Textnachrichten sehr gut. Für alles andere ist es vielleicht besser zum Telefon (Smartphone) zu greifen und anzurufen. Die Autonomie das Gespräch an zu nehmen bleibt davon ja unberührt.

Wie sehen Ihre Erfahrungen mit Kommunikation über Textnachrichten aus? Gibt es Ihrer Meinung nach mehr Vor- oder Nachteile? Wann eignet sich Telefonieren besser, wann nicht?