Persönlichkeitstest – die Frage nach uns selbst

Persönlichkeitstest – die Frage nach uns selbst

© De Vries

Dem wahrscheinlich schnellsten Persönlichkeitstest begegnen vor allem Arbeitssuchende oder auch Berufsstarter in vielen Vorstellungsgesprächen mit der standardisierten Frage nach den eigenen „Stärken“ und „Schwächen“. Diese Selbsteinschätzung der Bewerber bringt wohl so ziemlich jeden ins Schwitzen, der sich nicht schon vorher mit oder ohne Bewerbungscoach auf diese Frage vorbereitet hat. Dabei wird von einigen Bewerbungsberatern z.B. davon abgeraten auf diese Frage Antworten zu geben, die in Richtungen gehen, die beim potentiellen Arbeitgeber den Eindruck erwecken könnten, man sei zu ehrgeizig oder perfektionistisch. Auch wer glaubt, dass Ungeduld eine Stärke sei wird eines besseren belehrt. Was sagen aber diese antrainierten Antworten auf diese Standardfragen über unsere Persönlichkeit tatsächlich aus?

Fragebögen und Selbsteinschätzung

Es ist davon auszugehen, dass der potentielle Arbeitgeber bei der Frage nach den „Stärken und Schwächen“ nicht wirklich etwas aus dieser Selbsteinschätzung über die Persönlichkeit des Bewerbers erfährt. Etwas differenzierter scheinen da elaborierte und psychologisch fundierte Fragebogen zu sein. Mittlerweile gibt es daher eine Vielzahl von unterschiedlichen Persönlichkeitstest mittels Fragebogen (mehr dazu finden Sie hier). Einige sind sogar gratis im Netz zu bekommen. Mit diesen Tests sollen verschiedene Persönlichkeitsfaktoren bzw. Dimensionen abgefragt werden.

Wenn es sich aber um einen Test handelt, der auf Selbsteinschätzung beruht, dann stellt sich die Frage, wie gut wir uns wirklich einschätzen können? Lebt aufgrund unserer sogenannten „Wahrnehmungsfilter“ nicht jeder in seiner eigenen Welt und müsste sich Persönlichkeit nicht auch im Außen bestätigen? Was ist wenn wir uns alle nur etwas vormachen was unsere Eigenschaften wie Stärken oder Schwächen angeht? Gibt es überhaupt so etwas wie eine einigermaßen konstante und stabile Persönlichkeit?

Experten für unsere Gefühle

Untersuchungen haben gezeigt, dass wir nicht immer die Experten unserer selbst sind. Das trifft insbesondere für die Eigenschaften bzw. Persönlichkeitsmerkmale zu, die stark von der Beurteilung unserer Außenwelt abhängig sind (mehr dazu finden Sie hier). Geht es demnach um die Frage danach wie intelligent, kreativ oder extrovertiert wir sind, ist die Wahrnehmung unseres tatsächlich beobachtbaren Verhaltens, also die Außenwahrnehmung bzw. das Fremdbild offensichtlich wesentlich zutreffender als das eigene (innere) Wunschbild. Diese Aspekte unserer Persönlichkeit können wir also, nach den Ergebnissen dieser Untersuchung, bei uns selbst nur sehr unzureichend einschätzen. Geht es allerdings um die Stärke eines bestimmten Gefühls wie z.B. Angst oder Traurigkeit sind wir  Experten für uns selbst.

Wenn das zutrifft, stellt sich beispielsweise die Frage nach der „Echtheit“ unserer Selbsteinschätzung. Mache ich mir nicht ständig etwas vor und wissen die anderen nicht besser Bescheid über mich? Wie sieht es mit dem Thema „Selbstreflexion“ aus? Kann ich überhaupt selbstreflektiert sein, ohne ehrliches Feedback von anderen einzuholen? Wie unterscheide ich angemessenes und unangemessenes Feedback? Wie gehe ich mit den Gefühlen von anderen Menschen um? Kann ich anerkennen, dass der andere seine Gefühle besser kennt als ich selbst?