„O“ – Olfaktorische Wahrnehmung – das komplexeste Sinnessystem

Olfaktorische Wahrnehmung - das komplexeste Sinnessystem

© De Vries

Unsere olfaktorische Wahrnehmung – also unser Geruchssinn – gilt bei den Wissenschaftlern als der älteste Sinn in der menschlichen Entwicklungsgeschichte (mehr dazu finden Sie hier). Dabei werden die Geruchsinformationen über die Riechnerven in der Nase direkt – und nicht wie bei den anderen Sinneswahrnehmungen (Hören, Sehen und Fühlen) indirekt über die kognitive Vorverarbeitung im Gehirn wahrgenommen.

Wichtig für das Geschmacksempfinden

Obwohl wir heute in unserer modernen Umwelt zunehmend scheinbar von visuellen Reizen dominiert werden – dieses Phänomen wird sogar in der Musik beobachtet (mehr dazu finden Sie hier) – hat der Geruchssinn auch heute eine sehr wichtige Funktion. Ein Wahrnehmungskanal ist unmittelbar mit dem olfaktorischen verbunden. Das ist der Geschmackssinn. Ohne die geschmacklichen Ergänzungen über das Riechen können wir Menschen nur die fünf Geschmacksrichtungen der Zunge wahrnehmen (süß, salzig, sauer, bitter und würzig). Der Anteil der olfaktorischen Wahrnehmung an der geschmacklichen Note beträgt nach Erkenntnissen der Forscher rund 80 Prozent. Ohne unsere Nase wäre das Essen beziehungsweise das Trinken also sehr eintönig.

Komplexestes Sinnessystem

Aufgrund des Zusammenspiels zwischen riechen und schmecken und der Vielzahl an wahrnehmbaren Duftkomponenten ist das Riechen das komplexeste Sinnessystem des Menschen. An den bis zu 350 spezialisierten Riechrezeptoren können die unterschiedlichen Duftmoleküle andocken. Das Gehirn lernt mit der Zeit die aus bis zu 150 Komponenten bestehenden Düfte wieder zu erkennen.

Wahrnehmungsspeicher

Mithilfe einer Verknüpfung mit visuellen Informationen dient die olfaktorische Wahrnehmung als zusätzlicher Wahrnehmungsspeicher. Manche Gerüche sind fest mit bestimmten Bildern verknüpft und lösen unmittelbare Reaktionen aus (beispielsweise der Geruch von Desinfektionsmitteln beim Arzt).

Unmittelbarer Einfluss auf die Emotionen

Die über die Nase wahrgenommenen Gerüche gelangen direkt in unser Erinnerungs- und Emotionszentrum. Düfte haben also einen direkten Einfluss auf die Stimmung. Welchen Einfluss Gerüche auf die Sympathie oder Antipathie hat zeigen Redewendungen wie „den/die kann ich nicht riechen …“ . Die Werbeindustrie hat die starke emotionale Wirkung von Düften schon sehr lange erkannt. In Supermärkten beispielsweise verströmen Bäckereien im Eingangsbereich den wohlriechenden Duft von frisch gebackenem Brot. Die meisten Kunden haben bei dem Geruch von Brot sofort positive Erinnerungen und ein gutes Gefühl beziehungsweise niedrigere kognitive Barrieren beim anschließenden Einkauf.

Verlust sehr schmerzlich

Der Geruchssinn ist für uns Menschen also äußerst wichtig. Insbesondere wenn dieser durch einen Unfall oder eine Krankheit verloren geht ist das für die Betroffenen äußerst schmerzlich. Mit zunehmendem Alter geht der Geruchssinn ebenfalls langsam zurück. Mit dem Verlust von Teilen der olfaktorischen Wahrnehmung kann dann ebenfalls nicht mehr auf bestimmte Erinnerungen oder Emotionen zugegriffen werden.

Haben Sie bestimmte Gerüche, die bei Ihnen besonders starke Emotionen auslösen? Setzen Sie bewusst Düfte ein, um andere Menschen zu beeinflussen? Wenn ja, welche sind das?