Die tollen Tage der Session mit Open Air Karneval und vollen Kneipen steht unmittelbar bevor. Die Hemmungen fallen mit jedem Schluck Alkohol und viele Menschen gehen völlig aus sich heraus (manchmal auch zu weit). Der Stress im Beruf bzw. in der Familie oder häufig auch einfach die Langeweile eines routinierten und sich immer wiederholenden Alltagstrottes werden abgeschüttelt und endlich kann man jemand anderes sein. Es braucht dafür nur ein Kostüm und eventuell ein wenig Alkohol um „Urlaub“ von sich selbst zu machen.
Ursprung des Karnevals
Ursprünglich wurde Karneval oder Fasching gefeiert, um die bösen Geister des Winters zu vertreiben und war insbesondere in katholischen Gegenden, wie z.B. im (heiligen) Köln, die letzte Gelegenheit für gläubige Christen vor Beginn der strengen vorösterlichen Fastenzeit nochmal so richtig über die Stränge zu schlagen (mehr dazu finden Sie hier).
Karneval als Ventil
Heute jedoch stehen für die meisten Karnevalisten wahrscheinlich nicht mehr Brauchtum und die anstehende Fastenzeit im Vordergrund für deren Ausgelassenheit an den tollen Tagen. Was ist es dann? Warum freuen sich so viele Menschen auf diese besonderen Tage, opfern ihre Freizeit und ihre Ersparnisse?
Der Karneval hat offensichtlich immer noch einen enormen Reiz und hat seine Wichtigkeit als eine Art „Ventilfunktion“ behalten. Neben der endhemmenden Wirkung des Alkohols unterstützt dabei das Kostüm diese kleine, auf kurze Zeit ausgelegte, Flucht vor uns selbst und unserem alltäglichen Leben.
Kostümtypen
Darüber was das Kostüm über uns als Typen verrät ist schon oft in Publikumsmedien geschrieben worden (mehr dazu finden Sie hier) aber auch seriöse Wissenschaftler und Psychologen beschäftigen sich mit dem Thema „Maskierung und Psyche“. Nach Ansicht des Psychologen Prof. Dr. Alfred Geburt z.B. gibt uns die Kostümierung die Möglichkeit in eine andere Rolle zu schlüpfen: „Wir begegnen uns durch die Maskerade selbst und der Welt in einer anderen Rolle. Es ist sozusagen der kontrollierte Ausbruch aus der Vernunft.“
Das hört sich nachvollziehbar an. Welcher Versicherungsangestellte träumt nicht manchmal davon, einmal ein wagemutiger Kampfjetpilot zu sein und welche Verkäuferin möchte nicht gern ab und zu eine traumhaft schöne Prinzessin sein? Da werden Kindheitsträume wahr, ohne große Mühen und ohne sich mit den negativen Seiten der jeweiligen Rolle auseinandersetzen zu müssen.
Die Lust sich auszuprobieren
Es ist also oft die pure Lust am Rollenspiel selbst. Einmal ausprobieren, wie es sich anfühlt in eine andere Rolle zu schlüpfen hat einen enormen Reiz. Vielleicht wird dabei eine unterdrückte Seite unserer Persönlichkeit ausgelebt? Zunächst ist es vielleicht ungewohnt und man braucht eine gewisse Zeit, sich Sprache und Gestik der gewählten Figur anzupassen. Irgendwann jedoch kann durchaus das Gefühl entstehen, z.B. ein Freibeuter der Meere zu sein und nicht nur einen zu spielen – zumindest bis Aschermittwoch. Das kann sehr viel Lust bereiten und die Phantasie anregen. Die Frage ist, warum viele Menschen eine Erlaubnis (hier Karneval) dafür brauchen? Könnten wir nicht im „normalen“ Leben manchmal auch mehr wagen und eingetretene Pfade verlassen? Warum trauen wir uns das im alltäglichen Leben häufig nicht? Welches Rolle würden Sie am liebsten im Leben spielen? Gehören Sie zu den Menschen, die Spaß am Verkleiden haben oder mögen Sie das überhaupt nicht?