Heute geht es im Coaching ABC um das sogenannte „Ich-Bewusstsein“. Schon Descartes verband in seinem philosophischen Grundsatz „Cogito ergo sum“ das Denken mit der Existenz eines Ichs (mehr dazu finden Sie hier). „Ich denke als bin ich“ – daran kann es seit Descartes also keinen vernünftigen Zweifel mehr geben. Aber was ist das „Ich“ und warum gibt es so etwas überhaupt?
Evolutionsbiologie
Beim Menschen ist das Ich-Bewusstsein – soweit wir wissen – im Vergleich zu den meisten anderen Tierarten auf der Erde am höchsten entwickelt. Es gibt einen einfachen Test, der dies verdeutlicht. Mit einem Punkt auf der Stirn, sich in einem Spiegel betrachtend, erkennen sich, neben dem Menschen, nur noch sehr wenige hoch entwickelte Säugetiere und einige Vogelarten ebenfalls als ein separates Selbst (mehr dazu finden Sie hier). Beim Menschen entsteht dieses Ich-Bewusstsein ab dem zweiten Lebensjahr. Die Entwicklung diese Bewusstseins verfeinert sich dann im Laufe des Lebens immer weiter. Viele Wissenschaftler und vor allem Evolutionsbiologen nehmen heute an, dass das hoch entwickelte Ich-Bewusstsein beim Menschen eine wichtige evolutionäre Funktion hat. Nur dadurch können wir sozial interagieren und uns derart erfolgreich in einer herausfordernden Umwelt und gegenüber motorisch überlegenden Spezia behaupten (mehr dazu finden Sie hier). Erst die daraus entstehende sogenannte gemeinsame Aufmerksamkeit beziehungsweise reflexives Wissen macht koordiniertes Handeln von Gruppen möglich.
Neuro-Wissenschaften
Vor allem Neuro-Wissenschaftler glauben, dass das Ich-Bewusstsein lediglich eine Simulation des Gehirns ist (mehr dazu finden Sie hier). Das Gehirn nimmt über die Sinnesorgane Informationen auf und verarbeitet diese zu einer Wahrscheinlichkeiten basierten Variante der Wirklichkeit. Je nach Programm beziehungsweise Hirnstruktur, entstehen in jedem individuelle virtuelle Realitäten. Jeder sucht sich seine eigene Realität aus – beziehungsweise das Gehirn tut dies nach Ansicht der Wissenschaftler für uns und präsentiert uns das entsprechende Ergebnis. Unser Ich ist also nichts weiter als eine plausible Annahme unter vielen möglichen. Dass wir einen Körper haben und unsere Umwelt überhaupt existiert ist also nicht mehr als eine Illusion. Nur weil dieses Modell seit vielen Millionen Jahren gut funktioniert, ist es nach Überzeugung der Forscher für die darin lebenden Wesen nicht möglich außerhalb zu existieren.
Geisteswissenschaften
Die Philosophen sehen immer noch die Menschlichkeit und die damit verbundene geistige Individualität im Mittelpunkt der Betrachtung. Sie möchten nicht, dass der Mensch auf reine Daten-Information oder nur auf physisches Gehirn reduziert wird. Das Gehirn ist für sie nicht mehr als ein Mittel zum Zweck. Das Ich-Bewusstsein entspringt dabei aus einer komplexen Vielzahl an Faktoren wie Geschichte, Familie, Kultur und Erziehung. Aber auch die Hirnforscher gehen mittlerweile nicht mehr von einer einseitigen Abhängigkeit des Ich-Bewusstseins vom Gehirn aus. Der Geist, den das Hirn hervorbringt bestimmt seinerseits das Gehirn und umgekehrt.
Was denken Sie über Ihr Ich? Was ist für Sie dieses Ich? Wie entsteht es und wie verändert es sich?