Grenzen der Führungskraft als Coach

Grenzen der Führungskraft als Coach

© De Vries

Kürzlich las ich einen interessanten Blog von Dr. Nico Rose mit dem etwas provokanten Titel „Die Führungskraft als Coach? Das ist Quatsch!“ (mehr dazu finden Sie hier). Rose reibt sich offensichtlich an der sogenannten „NewWork-Bewegung“ (mehr dazu finden Sie hier), wo man sich Gedanken zur Arbeitswelt der Zukunft macht. Nach Rose wird dort völlig unsinnig gefordert, dass die Führungskraft gegenüber seinen Mitarbeitern als Coach agieren solle. Denn per Coaching-Definition sei der Klient alleine dafür verantwortlich wohin die Reise gehen soll – beziehungsweise welche Ziele er erreichen möchte. Der Coach leitet den Klienten lediglich durch den Prozess mit den entsprechenden Coaching-Tools. Nach Rose sei es daher nicht ethisch, dem Mitarbeiter vorzumachen, dass er jetzt die eigenen Ziele bestimmen dürfe. In den allermeisten Unternehmen ist immer noch die Leitung und nicht der Mitarbeiter für die Formulierung der Ziele zuständig. Tatsächlich werden die Unternehmensziele meist „Top down“ auf die Mitarbeiter heruntergebrochen und sind von diesem entsprechend zu erfüllen. Für besondere Leistungen gibt es dann Boni und bei negativen Zielabweichungen gibt es bestenfalls kein Extrageld.

Fehlende Kommunikationskompetenz

Grundsätzlich hat Rose mit seinem Einwand Recht. Eine Führungskraft kann nicht völlig neutral sein. Sie ist immer den übergeordneten Unternehmenszielen verpflichtet und muss diese gegenüber den Mitarbeitern bestmöglich durchsetzen. Rose behauptet, dass es selbstverständlich sei, dass die Übermittlung der Ziele in einem dialogischen Prozess passieren würde. Allerdings sehen die Erfahrungen aus der Praxis häufig anders aus. Oft werden Unternehmensziele nur verkündet – ein Dialog findet nicht statt. Außerdem ist es traurige Wirklichkeit, dass viele Führungskräfte keine ausreichenden Kommunikationskompetenzen haben. Wie sonst lässt sich die hohe Frustrationsrate von Mitarbeitern in deutschen Unternehmen erklären? Mittlerweile ist jeder zweite Mitarbeiter unzufrieden – und das insbesondere über seine Führung (mehr dazu finden Sie hier). Zu einer guten Führung gehört meines Erachtens eben auch kompetent in der Kommunikation und empathisch zu sein. Eine der wichtigsten Fähigkeiten, die ein Coach mitbringen muss, ist aktives Zuhören. Diese Fähigkeit ist erlernbar. Vielleicht sollte an dieser Stelle die Führungskraft doch auch ein wenig Coach sein und wissen wie man zuhört!?

Führungsstile

Die Aufgabe einer Führungskraft liegt – wie der Name schon sagt – in der Führung. Die Diskussion um die Rolle der Führungskraft als Coach bringt zudem das Thema „Führung – was genau ist das eigentlich?“ wieder auf den Tisch. Bei der Auseinandersetzung mit dieser Frage kommen oft höchst unterschiedliche Auffassungen zu Tage. Jeder hat da mehr oder weniger seine eigene Definition. Vom reinen Verkünder der Unternehmensziele über den Durchsetzer bis hin zum Kumpel-Typ. Die gesamte Bandbreite ist heute Realität. Ein Problem wird im Gespräch mit Führungskräften außerdem offensichtlich – niemand hat wirklich Zeit für Führungsaufgaben beziehungsweise für Gespräche mit den Mitarbeitern. Vielleicht ist das auch ein Grund für den zunehmenden Frust!?

Motivation durch Coaching

Es könnte sicherlich nicht schaden, wenn auch Führungskräfte Elemente des Coachings erlernen und anwenden würden. Über die Wünsche und Bedürfnisse der eigenen Mannschaft Bescheid zu wissen und zu versuchen diese wiederum mit den Unternehmenszielen in Einklang zu bringen – das kann sehr motivierend wirken. Natürlich sollte dabei allen klar sein, dass es sich nicht um ein reines „Wunschkonzert“ handelt. Innerhalb der bestehenden Strukturen und Aufgaben gibt es aber immer einen gewissen Spielraum, den man als Führungskraft ausnutzen kann.

Konflikte vermeiden

Ein weiterer Aspekt der innerhalb des Spannungsfeldes zwischen Führung und Coaching liegt, ist das Thema „Konflikte“. Es kann selbstverständlich nicht die Aufgabe der Führungskraft sein, die Konflikte zwischen Mitarbeitern zu lösen. Das übersteigt in den meisten Fällen die Fähigkeiten der Führungskräfte. Außerdem wäre beispielsweise bei der Mediation absolute Neutralität gefordert. Auch das ist sehr schwierig zu gewährleisten. Durch Coaching-Kompetenz könnte die Führungskraft aber frühzeitig Konfliktpotentiale erkennen und entsprechend gegensteuern. Wenn es dann zu spät ist präventiv zu wirken, könnte ein „echter“ Coach hinzugezogen werden.

Keine Verkünder

Die Führungskraft kann also durchaus auch Coach sein. Zu beachten sind allerdings die Besonderheiten der zugewiesenen Führungsaufgabe, die keine völlige Neutralität zulässt. Heute ist es aber zunehmend wichtiger, Mitarbeiter zu motivieren und sie „in´s Boot zu holen“. Eine Führung die auf eine reine Verkündung per „Order Muffti“ beruht, ohne die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu berücksichtigen, findet immer weniger Akzeptanz.

Wie sehen Sie das Thema? Kann eine Führungskraft auch ein Coach sein?