Glaubenssätze – unbewusstes Navigationssystem

Glaubenssätze – unbewusstes Navigationssystem

© De Vries

Das Thema „Glaubenssätze“ und wie sich diese auf unser gesamtes Leben auswirken, ist mir in der letzten Zeit durch meine Arbeit mit Langzeitarbeitslose besonders deutlich geworden. Diese Menschen sind schon sehr lange ohne eigenes Einkommen und haben teilweise noch nie in ihrem Leben auf eigenen Beinen gestanden oder eine solide Ausbildung gemacht. In den Sitzungen mit meinen Klienten höre ich oft, dass sie jegliche Hoffnung verloren haben und es sowieso keinen Sinn mache, sich um einen Job oder eine Ausbildungsstelle zu bemühen. Diese und ähnliche entmutigenden Aussagen werden dann empirisch unterlegt mit negativen Erfahrungen aus der Vergangenheit und auf die Zukunft projiziert – „so ist es halt und so wird es auch immer sein …“.

Armutskarrieren

Das Leben dieser Menschen stellt sich für sie als eine nicht endende Kette von Enttäuschungen und Demütigungen dar. Oft ist der einzige Ausweg aus dieser bedrückenden Situation die Flucht in den Schlaf oder sogar in die Drogenabhängigkeit. Hauptsache nichts mehr merken und nicht mehr nachdenken. Aufgrund der wachsenden Aversion gegenüber der Welt und dem eigenen Leben, verstärkt sich diese Abwärtsspirale immer mehr. Ein Leben in Abhängigkeit von Sozialleistungen über viele Jahre bis hin zum Tod scheint vorprogrammiert. Diese Situation kann sich sogar Generationen übergreifend entwickeln und eine echte Alternative zum Erwerbsleben werden. Der Armutsbericht der Bundesregierung spricht sogar schon von sogenannten „Armutskarrieren“ (mehr dazu finden Sie hier). Unter diesen Voraussetzungen ist es dann äußerst schwer Motivationsansätze zu finden. Da stellt sich die Frage, woher kommt das? Wie wird man derart antriebs- und hoffnungslos? Gibt es vielleicht eine psychologische Erklärung und geeignete Maßnahmen, um aus diesem Teufelskreis heraus zu kommen?

Hindernisse im Kopf

Grundsätzlich ist meiner Ansicht nach davon auszugehen, dass jeder Mensch über individuelle Fähigkeiten verfügt, ein erfolgreiches Leben zu führen. Nicht jeder kann und sollte dabei Konzernchef oder Jumbo-Pilot werden. Persönliche Fähigkeiten sind eben bei jedem individuell unterschiedlich und (leider) begrenzt vorhanden. Das ist aber nicht weiter schlimm. Auch sollten Normen nicht zu stark betont werden, denn diese sind künstliche Größen, die sich im Laufe der Zeit immer wieder ändern können. Also bleibt die Frage, was steht der Entfaltung der persönlichen Fähigkeiten im Wege? Die Antwort liegt nach Ansicht vieler Psychologen in unseren Köpfen. Es sind unsere sogenannten „Glaubenssätze“, die über Erfolg oder auch Misserfolg entscheiden – frei nach dem Motto, dass Du bist was Du denkst. Was aber sind genau diese Glaubenssätze und wie kann sich diese ändern?

Türsteher der Wahrnehmung

Glaubenssätze sind nichts anderes als unsere festen Überzeugungen (mehr dazu finden Sie hier). Diese Überzeugungen beziehen sich auf uns selbst und auch auf die Welt um uns herum. Sie bestimmen nicht nur wie wir Informationen interpretieren und verstehen, sondern auch welche Informationen überhaupt bis in unser Bewusstsein vordringen. Glaubenssätze sind also so etwas wie Türsteher beziehungsweise Filter für unsere Wahrnehmung. Ein weiteres Merkmal von Glaubenssätzen ist, dass sie uns meist gar nicht bewusst sind. Uns ist also nicht klar, nach welchen Gesetzen und Regeln unser Wahrnehmungs- und Denksystem arbeitet.

Unbewusste Navigation

Gegen Glaubenssätze ist dabei grundsätzlich nichts einzuwenden, basieren sie doch auf Erfahrungen unserer Vorfahren und dienen somit als Navigationshilfe für unser Handeln. Nicht jeder Glaubenssatz ist allerdings hilfreich. Diese negativen Glaubenssätze zu identifizieren und zu ändern ist eine komplexe Herausforderung. Dies liegt vor allem an der Natur dieser Denkmuster – sie wirken wie Naturgesetze und werden von uns nicht infrage gestellt. Zudem sorgen wir selbst dafür, dass Annahmen über zukünftige Ergebnisse unseres Handelns erfüllt werden. Dieses Phänomen nennen die Psychologen selbsterfüllende Prophezeiungen. Wenn jemand davon ausgeht, sowieso für einen Job nicht genommen zu werden und entsprechend an die Bewerbung herangeht, dann steht das Ergebnis meist vorher schon fest. Wie kann man nun diese hindernden Glaubenssätze loswerden?

Umwandlungsprozess

Wichtig als erster Schritt ist es zu erkennen, dass es (nur) mein eigener Glaube ist, der mich davon abhält bestimmte Dinge zu tun oder zu erreichen. Dann ist es wichtig, die entsprechenden Glaubenssätze zu finden und bewusst auszusprechen beziehungsweise aufzuschreiben. Dieser Prozess kann sehr viel Zeit kosten und setzt eine gewisse Offenheit und Selbstreflexion des Klienten voraus. Im nächsten Schritt geht es darum alte – in neue und hilfreiche Glaubenssätze umzuformulieren. Hierbei ist besonders darauf zu achten, dass die neuen Überzeugungen geeignet sind, die alten Glaubenssätze wirkungsvoll zu ersetzen. Im letzten Schritt sollte dieser neue Glauben in das Glaubenssystem integriert werden. Wirkungsvolle Methoden dazu bietet beispielsweise die neurolinguistische Programmierung(NLP) an. Hier zu nennen ist beispielsweise der „Walking Belief Change“ (mehr dazu finden Sie hier).

Auswirkungen auf das gesamte Glaubenssystem

Sind dann alte Glaubenssätze erfolgreich in neue und hilfreiche umgewandelt – beziehungsweise in das System integriert worden, wirkt sich das auf viele Lebensbereiche aus. Meist hängen Glaubensätze in ganzen Systemen voneinander ab und bedingen sich gegenseitig. Die Änderung eines einzelnen aber sehr zentralen Glaubens, kann die verbundenen Überzeugungen ebenfalls positiv beeinflussen.

Welche negativen Glaubenssätze haben Sie bereits in das Museum für alte Glaubenssätze getan? Glauben Sie selbst an die Macht der Glaubenssätze? Was glauben Sie über sich und die Welt?