„Ja, ist denn schon wieder Weihnachten?“ Dieser (etwas ältere) Werbespruch unseres „Kaisers“ ist uns allen noch gut in Erinnerung. Er steht für ein alljährliches Phänomen, dem viele Menschen – meist im Dezember – begegnen. Das Jahr geht einfach viel zu schnell vorüber – und schwupps schon steht „das Fest“ vor der Tür – und damit auch wieder alle Erwartungen an uns selbst und an andere. Mit Erwartungen ist das so eine Sache und irgendwie auch paradox: Waren die Partys, wo man am wenigsten erwartet hat nicht auch die schönsten? Vielleicht weil man nichts erwartet hat und deshalb entspannt genießen konnte!? Es sind vor allem unsere Erwartungen, die am meisten stressen. Eigentlich sollte Weihnachten eine besinnliche Zeit sein (auch wieder so eine Erwartung), meist aber artet es in Stress und manchmal auch in Streitigkeiten aus. Woran liegt das und woher kommen eigentlich unsere Erwartungen?
Modell innere Antreiber
Man kann Erwartungen an alles und jeden haben – auch und insbesondere an uns selbst. In diesem Zusammenhang lohnt sich vielleicht ein Blick auf das Modell der „inneren Antreiber“, also unseren inneren Triebfedern und den damit verbundenen Glaubenssätzen. Psychologen unterscheiden bei diesem Modell fünf verschiedenen Ausprägungen: „Sei perfekt!“; „Sei schnell!“; „Mach es allen recht!“; „Streng Dich an!“ und „Sei stark!“ (mehr dazu finden Sie hier). Nach Erkenntnissen der Psychologen entstehen die inneren Katalysatoren meist in der Kindheit und werden von den Bezugspersonen (beispielsweise Eltern, Lehrer etc.) übernommen. Sie haben auch später im Erwachsenenalter einen sehr großen Einfluss auf unsere Verhaltensweisen.
Stressige Situationen und Enttäuschungen
Sehr leicht lässt sich das Stresspotenzial dieser Antreiber in besonders emotional aufgeladenen Situationen wie beispielsweise zu Weihnachten erkennen, wo es sehr hohe Erwartungen gibt. Hier treten deren negative Seiten besonders stark in Erscheinung. Der erste Antreiber „sei perfekt“ ist für viele Menschen eine Aufforderung keine Fehler zu machen. Das perfekte Weihnachtsessen, die perfekte Dekoration und die perfekte Stimmung ist dabei das oberste Ziel. Wenn etwas schief geht, dann bricht eine Welt zusammen und man ist von sich selbst enttäuscht, weil man die Erwartungen nicht erfüllen konnte. Der Antreiber „sei schnell“ kann dazu führen, dass keine entspannte Stimmung aufkommt. Wenn es beispielsweise zu Verzögerungen kommt und der gesamte Zeitplan zu kippen droht, ist Stress unvermeidlich. Auch der Antreiber „mach es allen recht“ führt meist dazu, das die Erwartungen an die selbst gestellte Aufgabe mit der Realität kollidieren. Da es nahezu unmöglich ist, es allen recht zu machen, ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Streng Dich an und sei stark verbieten es, einfach mal zu entspannen und Gefühle zu zeigen. Wie sehr diese Neigungen stressen können, braucht nicht näher betrachtet zu werden.
Die Erlauber
In dem beschriebenen Modell gibt es neben den negativen Auswirkungen der Antreiber auch positiv motivierende Aspekte. Diese werden „Erlauber“ genannt. Diese Erlauber stehen den Antreibern entgegen und bieten den entsprechenden Freiraum und die entsprechende Entspannung. Voraussetzung ist natürlich, dass uns unsere Antreiber bekannt sind und wir diese im alltäglichen Leben auch wahrnehmen können.
Anti-Stressrezept
Die Erlauber zu stärken und somit die Erwartungen an uns selbst zu relativieren, das könnte ein gutes Rezept für weniger Stress zu Weihnachten – oder für jede andere potenziell stressige Situation – sein. Außerdem könnte uns das Wissen über diese Antreiber auch dabei helfen verständnisvoller mit unseren Mitmenschen zu sein, wenn bei denen mal wieder die Antreiber das Sagen haben sollten.
Welche Erwartungen haben Sie an sich selbst? Kennen Sie Ihre stärksten Antreiber? Gibt es Dinge sie sich heute erlauben können, was vielleicht früher nicht ging?