Das Schuhproblem zieht sich wie ein roter Faden durch den Kindergartenalltag. Jeden morgen sage ich meiner Tochter: „Zieh die Straßenschuhe aus und die Hausschuhe an!“. In 90% aller Fälle sagt das Kind: „Kannst du das macheeeeeen? Biiiiitte!“. So weit zur Fallbeschreibung.
Oft bekommen andere Kinder oder Erzieher dieses allmorgendliche Drama mit und beginnen auf meine Tochter einzuwirken. „Kannst du etwa deine Schuhe noch nicht anziehen?“ versuchen es die Erzieher mit umgekehrter Psychologie. „Jetzt zieh deine Schuhe an und mach nicht wieder so ein Theater“ meckern ihre Kindergartenfreunde.
Früher führte diese Episode regelmäßig zu Streit zwischen mir und meiner Tochter. Ich dachte sie ist in der Trotzphase und führt einen Machtkampf. Hinzu kamen typische „Erwachsenenprogramme“, die mir sagten, ich dürfe vor den Erziehern mein Gesicht nicht verlieren. Aus Scham führte ich Kämpfe ums Schuhe anziehen. Bis ich eines Tages feststellte, dass das zugrunde liegende Bedürfnis meiner Tochter darin bestand, von mir eine positive Zuwendung zu bekommen, bevor ich sie im Kindergarten zurücklasse. Stattdessen wurde ich wütend darüber, jeden morgen diese für mich peinliche Situation erleben zu müssen und drohte mit Sanktionen. Besonders weil die Erzieher immer hinzu kamen und dem Kind sagten, es wäre zu alt, um sich die Schuhe anziehen zu lassen (Thema Glaubenssätze).
Bis heute fällt es mir manchmal – aus erwähntem Scham und Glaubenssatz – schwer, ihr die Schuhe aus- und anzuziehen. Meistens mache ich es trotzdem. Sollen die Leute doch denken was sie wollen.