Cyberkriminalität und die Illusion von Nähe

Cyberkriminalität und die Illusion von Nähe

© De Vries

Momentan schlägt wieder ein Fall besonders geschmackloser Cyberkriminalität besonders große Wellen im sozialen Netz. Angeblich soll Stefan Raab Selbstmord begangen haben und Tod in seinem Garten liegen (mehr dazu finden Sie hier). Das Ziel der kriminellen Aktion ist es, nach anklicken und teilen auf Facebook möglichst viele Nutzerdaten abzugreifen. Die Cyberkriminellen können heute sehr professionell Webseiten fälschen und arglose Nutzer täuschen. Schaut man sich den Absender/die URL nicht sehr genau an oder achtet nicht auf die optischen Details, kann man schon in die Falle tappen. Dennoch ist es auffallend, dass die Leichtgläubigkeit vieler Nutzer insbesondere in sozialen Netzwerken wie Facebook sehr groß zu sein scheint. Jede noch so krude Geschichte wird geteilt und verbreitet sich sehr schnell in der Netzgemeinde. Wie kommt es, dass viele User in diesen Kommunikationsformaten ihren gesunden Menschenverstand und ihre Skepsis vergessen? Wieso ist es besonders leicht, auch völlig absurde Geschichten an den Mann/die Frau zu bringen?

Illusion von Nähe

Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnte in der „Illusion von Nähe“ liegen, die soziale Netzwerke erzeugen. Diese Kommunikationsformate dienen für viele Menschen als Plattform sich selbst und ihre Eigenschaften (Hobbies etc.) über unterschiedliche Möglichkeiten der medialen Öffentlichkeit zu präsentieren. Dabei geht es vielen natürlich nur um eine möglichst positive Selbstdarstellung. Die überwiegende Nutzung von Klarnamen und die Intensität der eingestellten Beiträge über Videos, Texte, Fotos, Kommentaren etc. erzeugen dabei eine Illusion von Nähe und Vertrautheit bei den anderen Kommunikationspartnern. Da anscheinend so viele „private“ und vermeintlich authentische Informationen geteilt werden, meint man den anderen Kommunikationspartner tatsächlich gut zu kennen – ohne ihn jemals persönlich getroffen zu haben. Das alles nur medial vermittelt wird und die Realität völlig anders aussehen kann, wird dabei oft ausgeblendet. Dieses Phänomen kann man auch bei Boulevardformaten beobachten. Die Berichterstattung über Promis und ihre scheinbar privaten – und exklusiven Inhalte, sollen beim Publikum bzw. bei den Fans ebenfalls eine Illusion von Nähe schaffen.

Neben der Häufigkeit gesendeter Beiträge und der Nutzung von Klarnamen, sorgen formalisierte Signale wie der berühmte „Gefällt mir“ Button, zudem für eine Illusion von Nähe beim Kommunikationspartner. Der direkte und vertraute Kontakt über die Face-to-Face Kommunikation wird gewissermaßen durch Symbole substituiert.

Gesunde Skepsis

Auch wenn die Netzwerkkommunikation ähnlich wie die direkte Face-to-Face Kommunikation eine interaktive ist, wird vieles medial gesteuert und verzerrt dargestellt. Über digitale Medien ist das wesentlich einfacher als im direkten Austausch von Mensch zu Mensch (Stichwort: „Körpersprache“ etc.). Ein Schuss gesunder Skepsis und Menschenverstand ist meines Erachtens im Umgang mit den heutigen Medien wichtiger denn je.

Was meinen Sie? Sind wir zu leichtgläubig im Umgang mit sozialen Netzwerken? Wie könnte man sich besser schützen? Sind Sie selber schon einmal in sozialen Netzwerken getäuscht worden?