Zur Zeit läuft die UEFA Fußball EM und es können nicht alle Spieler eines Kaders gleichzeitig auf dem Rasen spielen. Für die Reservisten heißt es, auf eine Einsatzchance zu lauern. Als am aktiven Spiel nicht beteiligter Teil der Mannschaft, haben diese Spieler bestenfalls für gute Laune von Außen zu sorgen. Es besteht aber eine gewisse Chance, von der Reservebank eingewechselt zu werden. Ein wenig frustrierend wird es aber auf Dauer dennoch sein. Was für den Fußball und sonstige Mannschaftssportarten harte Realität ist, findet auch im alltäglichen Leben und in den sozialen Netzen statt. Auch hier gibt es die Reservebank, das sogenannte „Benching“. Einige Kommunikationsexperten schlagen schon Alarm und befürchten, dass dieses Benching das Liebesleben von Menschen ruinieren kann und man Opfer werden kann, ohne es überhaupt zu merken (mehr dazu finden Sie hier). Was bedeutet Benching im sozialen Netz? Benching bedeutet, dass ein Date durch sporadische Textnachrichten immer wieder bei Laune gehalten wird, ohne dass wirklich ernsthafte Absichten an einer Beziehung oder Freundschaft bestehen.
Benching – schlimmer als Kontaktabbruch?
Benching wird teilweise als schlimmer empfunden als das sogenannte „Ghosting“, einer weiteren Variante des wenig empathischen Umgangs mit anderen Menschen in den Social Media. Das Benching wird deshalb als besonders perfide empfunden, weil man beim Ghosting, also dem plötzlichen -, offenbar grundlosen und totalen Kontaktabbruch, irgendwann merken sollte, dass die andere Person nichts mehr von einem wissen will. Wenn der Groschen dann gefallen ist, ist einem auch diese zum Ghost gewordenen Person (zumindest theoretisch) egal. Was bleibt, sind die nagenden Fragen nach dem „Warum?“ und was man wohl falsch gemacht haben könnte? Das Benching ist die vermeintlich weniger eindeutige und damit grausamere Variante des Gefühls-Bashings. Eine Folter ohne Chance auf ein schnellen Ende.
Möglicher Grund für Benching
Als möglicher Grund dafür, warum Menschen beiden Geschlechts andere auf die Reservebank schicken wird der Wunsch genannt, nicht unhöflich sein zu wollen und somit nicht „nein“ sagen zu können. Hier ist der dominante innere Antreiber „Mach es allen Recht“ zu vermuten (mehr dazu finden Sie hier). Menschen mit diesem Muster sind ausgesprochen höflich und wollen möglichst niemandem „vor den Kopf stossen“. Sie sagen deshalb auch nur sehr ungern und selten „nein“ – obwohl sie es fühlen. Diese scheinbare „Höflichkeit“ kann dazu führen, dass Hoffnungen gemacht werden, wo es keinen Grund für Hoffnung gibt. Aber wer ist in diesem Fall Täter und wer ist das Opfer? Ist das Opfer nicht gleichzeitig auch Täter, weil Grenzen überschritten werden und die Signale, die für ein geringes Interesse sprechen, wie beispielsweise keine Zeit für weitere Dates zu haben, ignoriert werden? Ist der „Täter“ nicht auch ein Opfer seines inneren Antreibers?
Abgrenzung ist wichtig
In speziellen Seminaren zur Gewaltprävention bzw. für den Selbstschutz gehört es zu den Grundlagen, dass sich jeder Teilnehmer mit einem klaren und eindeutigen „NEIN“ abzugrenzen lernt. Egal, wie unhöflich dieses Nein auch für die andere Person erscheinen mag, die eigene Sicherheit ist immer höher zu bewerten. Diese Fähigkeit zur Abgrenzung ist sehr wichtig, auch wenn es vermeintlich nicht ausschließlich um körperliche Gewalt geht. Ein unwohles Gefühl reicht schon für ein klares Nein. Im Endeffekt fahren so alle besser und so muss niemand (zumindest unwissentlich und soweit keine psychische Störung vorliegt) auf die Reservebank.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Benching? Saßen sitzen Sie auf der Reservebank? Lassen Sie auf der Reservebank sitzen und was sind Ihre Gründe?